Rückblick auf die Gemeindefahrt 2022

Gemeindefahrt nach Sizilien, 07. – 18.11.2022 

Montag, 07.11.2022 

Fernes Ziel braucht weite Fahrt, 
wir treffen uns zum Reisestart 
früh am Tag, es ist erst sieben. 
Mancher wäre vielleicht lieber 
länger noch im Bett geblieben, 
doch es treibt das Reisefieber. 

Die Freude groß, die Koffer größer, 
wie gewohnt, wird hier vertraut 
auf uns’ren altbewährten Flößer, 
der alles mühelos verstaut. 

Über Landsberg und die Schweiz 
mit ihrer Bergwelt starkem Reiz 
geht’s auch vorbei an Liechtenstein, 
wo man bunkert Schwarzgeld ein. 

Der ebene Teil der Lombardei 
gibt den Blick auf Felder frei; 
die werden unter Wasser gesetzt 
und dann mit Reis für Risotto bestellt, 
als Lebensraum auch von Fröschen geschätzt, 
denen die nasse Umgebung gefällt. 

Bei der Ernte gerät manchmal außer dem Reis 
so ein Frosch in eines Koches Hände 
und findet schließlich, gegart und noch heiß, 
als Einlage im Risotto sein Ende. 

Abends erreichten wir Genuas Hafen. 
Nachdem die ganzen Eincheckverfahren 
und einiges mehr erledigt waren, 
gingen wir an Bord und bald danach schlafen. 


Dienstag, 08.11.2022 

Den ganzen Tag bleiben wir heute an Bord, 
die Fähre trägt uns geduldig fort, 
schwimmend auf dem Mittelmeer, 
vorerst nur Wasser ringsumher. 

Nachmittags kommt Ustico in Sicht. 
Später taucht die Küste Siziliens auf. 
Der Sonnenuntergang ist romantisch, 
das gold-rote Himmelslicht einfach gigantisch. 
Im Osten zieht der Vollmond herauf,  
das Meer reflektiert sein silbriges Licht 
in einer breiten, schimmernden Spur. 

An Deck steigen uns die Dieselabgase 
der beiden fleißigen Schiffsmotoren 
in größeren Mengen in die Nase. 
Dazu weht uns ein Wind um die Ohren, 
der zerzaust die stabilste Frisur. 


Mittwoch, 09.11.2022 

In Monreale und Cefalù in Siziliens Norden 
sind vor hunderten von Jahren, 
als verschiedenste Künstler hier schöpferisch waren,  
zwei ähnliche Dome errichtet worden 
mit jeweils zwei Türmen und Mittelbau. 
Mit Lang- und Querschiff sind sie romanisch, 
die Fassadengestaltung islamisch - arabisch, 
die Mosaiken im Innenraum im Stil von Byzanz, 
aus unzähligen Steinchen mit goldenem Glanz, 
die Motive teils szenisch, teils ornamental 
oder auch stilisiert floral. 

Die Entstehungsgeschichten kennt man nicht ganz genau. 
Berichtet werden wilde Dramen 
mit vielen Personen und großen Namen. 
Da wurden absichtsvoll Ehen gestiftet, 
damit möglichst zu gegebener Zeit, 
wenn hoffentlich die Richtigen rechtzeitig sterben, 
die bedachten Nachkommen das Begehrte erben. 
Es ging um Macht, um Besitz und um Neid, 
hoffentlich wurde nicht jemand vergiftet. 
Um die Verwicklungen klar zu kapieren, 
muß man wohl gründlich Geschichte studieren.
 


Donnerstag, 10.11.2022 

In Syrakus wurde ein Theater freigelegt, 
aus der Antike das bisher größte. 
Es fasste rund fünfzehntausend Personen, 
die konnten ernsten griechischen Dramen, 
wie sie hier zur Aufführung kamen, 
religiösen Kulten ähnlich, hier beiwohnen. 

In den Geschichten wurden Menschen verstrickt 
ohne ihre Schuld in einen Konflikt, 
so ausweglos, daß ihn niemand löste. 
So ließ es sich fast nicht vermeiden: 
die Helden mussten aus dem Leben scheiden. 
 
Dann ging es weiter, ganz ähnlich wie heute: 
daß der Intrigant und Bösewicht, 
so jedenfalls geht meist der Bericht, 
sich weiterhin seines Lebens erfreute. 
Das hat das Publikum tief bewegt. 

Das Amphitheater auf der anderen Seite 
inszenierte, was die Leute zerstreute. 
Es diente vorwiegend der Unterhaltung, 
der erbaulichen Freizeitgestaltung. 

In den Steinbrüchen nebenan 
fing für viele Soldaten das Ende an. 
500 v. Chr. aus Athen gesandt, 
um die Spartaner zu besiegen, 
zu befrieden durch Bekriegen, 
haben sie letztlich die Lage verkannt 
und sind in ihr Verderben gerannt. 
Sie wurden gefangen und aufgerieben, 
zur Arbeit im Steinbruch angetrieben, 
wobei fast alle auf der Strecke blieben. 

In der Altstadt ist es viel weniger bedrückend, 
mit Hafen und schmucken Häusern ist sie entzückend. 
Der Dom steht an derselben Stelle, 
an der einst der Athene-Tempel zu sehen war. 
Den findet man jetzt in den Dom integriert, 
der mehrere Baustile kombiniert. 


In der Nähe fließt aus der Arethusa-Quelle 
Süßwasser in ein Reservoir. 

1693 bebte die Erde. 
Noto und mehrere andere Orte 
wurden dadurch völlig zerstört. 
So baute man hinter prächtiger Pforte 
ein neues Noto in barockem Stil 
aus hellgelbem Kalkstein; denn das war das Ziel: 
daß der Anblick der Stadt ein freundlicher werde. 
Heute schätzt man des Ensembles baulichen Wert  
so hoch, daß es zum Weltkulturerbe gehört. 


Freitag, 11.11.2022 

Der Aetna zeigt sich heute mitnichten, 
der Nebel will sich einfach nicht lichten. 
Der Riese hat sich vollständig umgeben 
mit Lavaströmen, jetzt starr und erkaltet. 
Mit so einem Berg als Nachbarn zu leben, 
erfordert Mut und daß man’s gestaltet. 
Immer wieder hat er Häuser und Straßen 
unter glühenden Lavamassen begraben. 
Menschen haben sich nicht beirren lassen, 
die alles wieder neu aufgebaut haben. 

Aus der Lava werden fruchtbare Böden. 
Erst siedeln sich Flechten, dann Kräuter an, 
später wachsen Wälder heran, 
damit verschwinden die schwärzlichen Öden. 

Die Griechen haben immer gesucht 
die Harmonie mit der Natur. 
Stets respektierten sie ihre Gesetze. 
Das bezog sich auch auf die Architektur. 

Die Römer, vom griechischen Stil inspiriert, 
haben vor Taormina in eine Bucht 
in Form eines Halbkreises konstruiert 
ein Theater aus natürlichen Steinen 
für die Reihen der Zuschauerplätze. 
Die Überbauung der Mauern mit Steinen aus Ton 
ergänzten sie nach römischer Tradition. 

Samstag, 12.11.2022 

Robert leistet Schwerarbeit, 
wir sitzen im Bus und haben Zeit. 
Wer wach bleibt, bekommt eine Menge zu sehen: 
lange Brücken durch luftige Höhen, 
Plantagen von Oliven- und Zitrusbäumen, 
die beiderseits die Straßen säumen.  
Straßen-, Brücken-, Tunnelbau 
verzehren Unmengen Zement, 
ein Regenguß aus Wolken grau 
gemahnt: hier herrscht das Element. 

Schafe, Rinder und auch Ziegen, 
die Abhänge und Wiesen mähen; 
sorgsam geeggte Felder liegen 
bereit, um Weizen einzusäen. 

Viele große Vogelschwärme 
nutzen die Novemberwärme. 
Unter Einsatz ihrer Leben 
sitzen sie gar auf den Straßen, 
die sie für den Bus verlassen, 
indem sie ungern sich erheben. 

Griechen und Punier blieben gern 
mit ihren Siedlungen nahe am Meer, 
während manch Römer weit innen im Land 
oftmals seine Bleibe fand. 

Bei Piazza Armerina war unter Erde versteckt, 
die es gleichzeitig konservierte, 
ein Kleinod aus spätrömischer Zeit. 
Wachsame Menschen in späteren Tagen 
sahen etwas aus dem Boden ragen. 
Dadurch wurde wiederentdeckt, 
was Villa Romana del Casale genannt. 
Gesichert steht sie zum Anseh’n bereit. 

Sie war wohl der Besitz eines reichen Herrn, 
ein Haus der puren Lebensfreude, 
in dem man bei genußvollem Bade 
und manch anderem es sich gutgehen ließ. 


Die Böden sind eine Mosaik-Parade, 
die zu großen Teilen die Zeit überstand, 
dreitausend Quadratmeter Augenweide, 
ornamental und Szenen, in denen zur Jagd man blies. 
An den Themen hat man schnell erkannt, 
was den Bauherrn interessierte, 
was er liebte, was seine Träume zierte. 


Stellenweise erahnt man noch lückenhaft 
der einstigen Wandbemalung farbige Kraft. 
Wenn Kunststile wie hier allerhand Blüten treiben, 
muß bei uns der Eindruck bleiben, 
daß Menschen aus ganz verschiedenen Landen 
bei diesem Hausbau Beschäftigung fanden. 
Auch diese Villa hat es geschafft, 
daß man sie ins Weltkulturerbe integrierte. 


Sonntag, 13.11.2022 

Als die griechische Population expandierte, 
gründete man Selinunt. 
Nahe bei den Karthagern gelegen, 
entstand ein Spannungsfeld deswegen, 
weshalb man sich darum bemühte, 
gute Kontakte dorthin zu pflegen. 
So brachte man Selinunt zur Blüte. 
Um weit sichtbar den Reichtum zu demonstrieren, 
ließ man mehr Tempel konstruieren, 
als nötig waren zum Zelebrieren. 

Schließlich wurde die Stadt doch noch vernichtet, 
die Einwohner wurden zugrunde gerichtet, 
an Leben und Geld gab’s entscheidenden Schwund. 
Was die Karthager nicht wollten demolieren, 
sollte später bebende Erde zertrümmern. 
Um die Trümmer wollte sich niemand mehr kümmern. 
Lange danach, in neuerer Zeit, 
fanden sich fleißige Hände bereit, 
Teile für die Nachwelt zu rekonstruieren. 


Den Elymern ist es ähnlich ergangen 
mit Segesta, ihrer Stadt. 
Sie saßen zwischen allen Stühlen 
und gingen wechselnde Bündnisse ein. 

Segesta geriet in des Krieges Mühlen, 
so konnte die Stadt nicht länger sein. 
Einzig des Tempels Säulen noch prangen. 
Der Bau wurde unfertig aufgegeben. 
Seit rund zweitausendfünfhundert Jahren, 
so lange schon konnte er sich bewahren, 
gibt er Zeugnis von früherem Leben. 

Vom Monte Erice gibt’s freie Sicht 
auf Trapani, in einer Bucht gelegen, 
in Form einer Sichel mit zwei Bögen. 
Die Salinenteiche spiegeln Himmelslicht. 


Montag, 14.11.2022 

Aus Cave di Cusa ward der Stein gehauen, 
um daraus die Tempel von Selinunt zu bauen. 
Den Steinbruch hätten wir angeschaut, 
wäre nicht der Zugang verbaut. 

Ein Erdbeben zerstörte mehrere Orte
in einer ländlichen Bergregion. 
Gibellina war ein Dorf davon. 
Wie tragisch und bitter die Geschicht‘, 
erfuhr die Welt durch diesen Bericht: 
nach sechzig unerträglichen Stunden 
wurde, noch lebend, ein Mädchen gefunden. 
Nur noch kurz lächelte sie ihre Mutter an 
und schloß für immer die Augen sodann. 

Es ging darum, einen Weg zu finden, 
die Katastrophe zu verwinden. 
Ein Künstler begrub das Dorf unter weißem Beton, 
indem er die Ruinen verfüllte, 
die Straßen glättete, alles verhüllte. 
Wie auf der Wunde ein schützender Schorf 
birgt diese Schicht das beerdigte Dorf. 
Es liegt da als Denkmal, still, ohne Worte. 

Man beschloß, Gibellina ganz neu zu gründen, 
sechzehn Kilometer von dort, wo das Schlimme geschehen. 
Der Bürgermeister bat Künstler um Rat und Ideen, 
wie ein ansprechendes Ortsbild könnte entstehen. 
Mit Skulpturen, wie sie in den siebziger Jahren 
gemäß jenem Stil in Mode waren, 
läßt sich die neue Siedlung jetzt sehen. 


Dienstag, 15.11.2022 

In Agrigent, mit wechselvoller Geschichte, 
bekommt man fünf Tempel zu Gesichte. 
Einer wurde zur Kirche umfunktioniert, 
die anderen vom Zahn der Zeit ruiniert. 

Im Museum wird liebevoll präsentiert 
nur das, was man in der Umgebung fand. 
Allein schon die Vielfalt imponiert, 
für ihren Wert ist die Sammlung weithin bekannt. 

Figuren in jeder Menge und Größe, 
in verschiedensten Formen Teller, Gefäße, 
bemalte, glasierte und viele ganz schlichte; 
Gebäudeteile und Bodenbeläge, 
Requisiten zur Brauchtumspflege; 
Goldmünzen, Schmuck mit Edelstein, 
Schnitzereien aus Elfenbein; 
Sarkophage, aufwendig ornamentiert, 
zum Beispiel ein römischer für ein Kind, 
aus weißem Marmor, darin sind 
Szenen seines Lebens dokumentiert, 
eingemeißelt und glattpoliert. 

Das Heim des Museums ist ein Klostergebäude, 
da passt die Umrahmung, so macht es Freude. 


Mittwoch, 16.11.2022 

In die Capella Palatina darf nur hinein, 
wer weder Metall bei sich trägt noch Waffen. 
Im Königspalast vor fast neunhundert Jahren 
ließ Roger der Zweite sich eine Kapelle 
errichten nach äußerst feinen Verfahren, 
und es waren die besten Künstler zur Stelle. 
Im Umgang mit Bronze, Holz und Stein 
haben sie Figuren und Szenen geschaffen, 
darin gingen die Kulturen ein, 
die auf Sizilien zusammentrafen. 

Der Maio von Bari, ein Großadmiral, 
gründete San Cataldo, mit Kuppeln, drei an der Zahl. 
Die Kirche ist klein, im Inneren roh, 
ohne Putz, das Gemäuer erkennt man also. 

Man hat sich dem Problem gestellt, 
symbolisch Himmel und Welt zu verbinden. 
Das Quadrat steht dabei für die Erde, 
der Kreis steht für die Unendlichkeit. 
Zwischen beiden stellte man Bögen auf, 
über Eck, daß daraus ein Achteck werde. 
Daraus ergab sich ein Verlauf, 
die Kluft zwischen den Formen war weniger weit 
und ließ sich optisch überwinden. 

Abends steigen wir wieder an Bord, 
heimwärts geht es in Richtung Nord. 
Die Decks sind naß von feinem Regen, 
der Wind formt das Wasser zu kleinen Wogen, 
die die Fähre zum Schaukeln bewegen. 


Donnerstag, 17.11.2022 

Über Nacht haben sich die Wolken verzogen, 
am Bug schäumt Gischt mit Regenbogen. 
Auf dem Badedeck bei Sonne und mäßigem Wind 
feiern wir unser Geburtstagskind. 
Um Conrad würdig auf den Schild zu heben, 
hat es Gesang und Getränke gegeben. 
Er bleibe gesund, er lebe hoch, 
auf viele gemeinsame Reisen noch. 

Dazu lässt Neptun die Wasser schäumen, 
bis wir die Kabinen räumen. 


Freitag, 18.11.2022 

Die zwei Tage der Rückreise haben gezeigt: 
mit dieser Gruppe lässt sich wunderbar feiern. 
Nach dieser Erfahrung ist man geneigt, 
so eine Fahrt möglichst bald zu erneuern. 

Gernot beschenkt uns mit geistiger Nahrung, 
verhilft uns zu wertvoller neuer Erfahrung. 
Robert füllt des Busses geräumigen Tank, 
bringt uns selbst auf den schwierigsten Wegen 
sicher an jeden Ort, egal, wie entlegen, 
verwöhnt uns mit Würstchen, Kaffee und Keks:
wir sind so gern mit Euch unterwegs, 
Ihr zwei Lieben, Euch beiden sei Dank.  

© Ingrid Hecker